Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen

Typ: Übereinkommen


Die hohen Vertragsparteien in der Erwägung, daß die Charta der Vereinten Nationen und die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gebilligte Allgemeine Erklärung der Menschenrechte den Grundsatz bestätigt haben, daß die Menschen ohne Unterschied die Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen sollen, in der Erwägung, daß die Vereinten Nationen wiederholt die tiefe Verantwortung, die sie für die Staatenlosen empfinden, zum Ausdruck gebracht und sich bemüht haben, diesen die Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in möglichst großem Umfang zu sichern, in der Erwägung, daß nur diejenigen Staatenlosen, die gleichzeitig Flüchtlinge sind, durch das Abkommen vom 28. Juli 1951 über die RechtssteIlung der Flüchtlinge erfaßt werden und daß jenes Abkommen auf zahlreiche Staatenlose nicht anwendbar ist, in der Erwägung, daß es wünschenswert ist, die Rechtsstellung der Staatenlosen durch ein internationales Übereinkommen zu regeln und zu verbessern - haben folgendes vereinbart:

Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

Definition des Begriffs "Staatenloser"

  1. Im Sinne dieses Übereinkommens ist ein "Staatenloser" eine Person, die kein Staat auf Grund seines Rechtes als Staatsangehörigen ansieht.
  2. Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung

    • auf Personen, denen gegenwärtig ein Organ oder eine Organisation der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen Schutz oder Beistand gewährt, solange sie diesen Schutz oder Beistand genießen;
    • auf Personen, denen die zuständigen Behörden des Landes, in dem sie ihren Aufenthalt genommen haben, die Rechte und Pflichten zuerkennen, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Landes verknüpft sind;
    • auf Personen, bei denen aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,

      • daß sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Übereinkünfte begangen haben, die abgefaßt wurden, um Bestimmungen hinsichtlich derartiger Verbrechen zu treffen;
      • daß sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb ihres Aufenthaltslands begangen haben, bevor sie dort Aufnahme fanden;
      • daß sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.

Artikel 2

Allgemeine Verpflichtungen
Jeder Staatenlose hat gegenüber dem Land, in dem er sich befindet, Pflichten, zu denen insbesondere die Verpflichtung gehört, die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften sowie die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung getroffenen Maßnahmen zu beachten.

Artikel 3

Verbot unterschiedlicher Behandlung
Die Vertragsstaaten wenden dieses Übereinkommen auf Staatenlose ohne Unterschied der Rasse, der Religion oder des Herkunftslands an.

Artikel 4

Religion
Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen in ihrem Hoheitsgebiet in bezug auf die Freiheit der Religionsausübung und die Freiheit des Religionsunterrichts ihrer Kinder eine mindestens ebenso günstige Behandlung wie ihren Staatsangehörigen.

Artikel 5

Unabhängig von diesem Übereinkommen gewährte Rechte
Rechte und Vergünstigungen, die ein Vertragsstaat den Staatenlosen unabhängig von diesem Übereinkommen gewährt, bleiben von dessen Bestimmungen unberührt.

Artikel 6

Der Ausdruck "unter den gleichen Umständen"
Im Sinne dieses Übereinkommens ist der Ausdruck "unter den gleichen Umständen" dahingehend zu verstehen, daß der Betreffende alle Erfordernisse erfüllen muß (einschließlich derjenigen, die sich auf die Dauer und die Bedingungen des vorübergehenden oder des dauernden Aufenthalts beziehen), die er, wenn er nicht Staatenloser wäre, erfüllen müßte, um in den Genuß des in Betracht kommenden Rechtes zu gelangen, mit Ausnahme von Erfordernissen, die ihrer Natur nach ein Staatenloser nicht erfüllen kann.

Artikel 7

Befreiung von der Gegenseitigkeit

  1. Soweit dieses Übereinkommen keine günstigeren Bestimmungen enthält, gewährt jeder Vertragsstaat den Staatenlosen die gleiche Behandlung, die er Ausländern allgemein gewährt.
  2. Nach dreijährigem Aufenthalt sind alle Staatenlosen im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten von dem Erfordernis der gesetzlichen Gegenseitigkeit befreit.
  3. Jeder Vertragsstaat gewährt den Staatenlosen weiterhin die Rechte und Vergünstigungen, auf die sie auch bei fehlender Gegenseitigkeit im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat bereits Anspruch hatt
  4. Die Vertragsstaaten werden wohlwollend die Möglichkeit prüfen, auch bei fehlender Gegenseitigkeit den Staatenlosen Rechte und Vergünstigungen zusätzlich zu denen zu gewähren, auf die sie nach den Absätzen 2 und 3 Anspruch haben, sowie die Befreiung von dem Erfordernis der Gegenseitigkeit auf solche Staatenlosen auszudehnen, welche die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 nicht erfüllen.
  5. Die Absätze 2 und 3 finden auf die in den Artikeln 13, 18, 19, 21 und 22 genannten Rechte und Vergünstigungen sowie auf die in diesem Übereinkommen nicht vorgesehenen Rechte und Vergünstigungen Anwendung.

Artikel 8

Befreiung von außergewöhnlichen Maßnahmen
Außergewöhnliche Maßnahmen, die gegen die Person, das Eigentum oder die Interessen der Staatsangehörigen oder ehemaligen Staatsangehörigen eines fremden Staates ergriffen werden können, werden von den Vertragsstaaten nicht allein deshalb auf einen Staatenlosen angewendet, weil er früher die Staatsangehörigkeit des betreffenden fremden Staates besaß. Die Vertragsstaaten, deren Rechtsvorschriften der Anwendung des in diesem Artikel aufgestellten allgemeinen Grundsatzes entgegenstehen, werden in geeigneten Fällen Befreiungen zugunsten solcher Staatenlosen gewähren.

Artikel 9

Vorläufige Maßnahmen
Dieses Übereinkommen hindert einen Vertragsstaat nicht daran, in Kriegszeiten oder unter sonstigen schwerwiegenden und außergewöhnlichen Umständen in bezug auf eine bestimmte Person vorläufig die Maßnahmen zu treffen, die er im Hinblick auf seine Sicherheit für unerläßlich hält, solange dieser Vertragsstaat noch nicht festgestellt hat, ob die betreffende Person tatsächlich staatenlos und die Aufrechterhaltung der in bezug auf sie getroffenen Maßnahmen im Interesse der Staatssicherheit erforderlich ist.

Artikel 10

Fortdauer des Aufenthalts

  1. Ist ein Staatenloser während des Zweiten Weltkriegs zwangsverschleppt und in das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats verbracht worden und hat er dort seinen Aufenthalt, so gilt die Dauer seines Zwangsaufenthalts als rechtmäßiger Aufenthalt in diesem Hoheitsgebiet.
  2. Ist ein Staatenloser während des Zweiten Weltkriegs aus dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats zwangsverschleppt worden und vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens dorthin zurückgekehrt, um dort seinen Aufenthalt zu nehmen, so gilt die Zeit vor und nach seiner Zwangsverschleppung als ununterbrochener Aufenthalt für jeden Zweck, für den ein ununterbrochener Aufenthalt erforderlich ist.

Artikel 11

Staatenlose Seeleute
Bei Staatenlosen, die ordnungsgemäß als Besatzungsmitglieder an Bord eines Schiffes Dienst tun, das die Flagge eines Vertragsstaats führt, wird dieser Staat wohlwollend die Möglichkeit prüfen, ihnen die Niederlassung in seinem Hoheitsgebiet zu gestatten und ihnen Reiseausweise auszustellen oder sie vorläufig in sein Hoheitsgebiet zuzulassen, insbesondere um ihre Niederlassung in einem anderen Land zu erleichtern.

Kapitel II: Rechtsstellung

Artikel 12

Personalstatut

  1. Das Personalstatut eines Staatenlosen bestimmt sich nach den Gesetzen des Landes seines Wohnsitzes oder, wenn er keinen Wohnsitz hat, nach den Gesetzen seines Aufenthaltslands.
  2. Die von einem Staatenlosen früher erworbenen, sich aus seinem Personalstatut ergebenden Rechte, insbesondere die aus der Eheschließung, werden von jedem Vertragsstaat vorbehaltlich der nach seinen Gesetzen gegebenenfalls ~u erfüllenden Förmlichkeiten geachtet; hierbei wird vorausgesetzt,·daß es sich um ein Recht handelt, das nach den Gesetzen dieses Staates anerkannt worden wäre, wenn der Berechtigte nicht staatenlos geworden wäre.

Artikel 13

Bewegliche und unbewegliche Sachen
Hinsichtlich des Erwerbs von Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen und sonstiger diesbezüglicher Rechte sowie hinsichtlich von Miet-, Pacht- und sonstigen Verträgen über bewegliche und unbewegliche Sachen gewähren die Vertragsstaaten jedem Staatenlosen eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung, als Ausländern allgemein unter den gleichen Umständen gewährt wird.

Artikel 14

Urheberrechte und gewerbliche Schutzrechte
Hinsichtlich des Schutzes von gewerblichen Rechten, insbesondere an Erfindungen, Mustern und Modellen, Warenzeichen und Handelsbezeichnungen, sowie des Schutzes von Rechten an Werken der Literatur, Kunst und Wissenschaft erhält jeder Staatenlose in dem Land, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, den gleichen Schutz, der den Staatsangehörigen dieses Landes gewährt wird. Im Hoheitsgebiet jedes anderen Vertragsstaats erhält er den gleichen Schutz, der dort den Staatsangehörigen des Landes gewährt wird, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Artikel 15

Vereinigungsrecht
Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, hinsichtlich der Vereinigungen, die weder politische noch Erwerbszwecke verfolgen, und hinsichtlich der Berufsverbände eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung, als Ausländern allgemein unter den gleichen Umständen gewährt wird.

Artikel 16

Zugang zu den Gerichten

  1. Ein Staatenloser hat im Hoheitsgebiet aller Vertragsstaaten freien und ungehinderten Zugang zu den Gerichten.
  2. Ein Staatenloser erfährt in dem Vertragsstaat, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, die gleiche Behandlung wie dessen Staatsangehörige hinsichtlich des Zugangs zu den Gerichten, einschließlich des Armenrechts und der Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozeßkosten.
  3. Ein Staatenloser erfährt in den Vertragsstaaten, in denen er nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hinsichtlich der in Absatz 2 genannten Angelegenheiten die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen des Landes, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Kapitel III: Erwerbstätigkeit

Artikel 17

Unselbständige Erwerbstätigkeit

  1. Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, hinsichtlich der Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung, als Ausländern allgemein unter den gleichen Umständen gewährt wird.
  2. Die Vertragsstaaten werden wohlwollend die Möglichkeit prüfen, die Rechte aller Staatenlosen in bezug auf die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit den Rechten ihrer Staatsangehörigen anzugleichen; dies gilt insbesondere für Staatenlose, die auf Grund eines Programms zur Anwerbung von Arbeitskräften oder eines Einwanderungsplans in ihr Hoheitsgebiet eingereist sind.

Artikel 18

Selbständige Erwerbstätigkeit
Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet befinden, hinsichtlich der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Landwirtschaft, Industrie, Handwerk und Handel sowie hinsichtlich der Errichtung von Handelsgesellschaften eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung, als Ausländern allgemein unter den gleichen Umständen gewährt wird.

Artikel 19

Freie Berufe
Jeder Vertragsstaat gewährt den staatenlosen Inhabern eines von seinen zuständigen Behörden anerkannten Diploms, die sich rechtmäßig in seinem Hoheitsgebiet aufhalten und einen freien Beruf auszuüben wünschen, eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung, als Ausländern allgemein unter den gleichen Umständen gewährt wird.

Kapitel IV: Wohlfahrtswesen

Artikel 20

Rationierung
Soweit ein Rationierungssystem besteht, das für die gesamte Bevölkerung gilt und die allgemeine Verteilung von Mangelwaren regelt, werden Staatenlose wie Staatsangehörige behandelt.

Artikel 21

Wohnungswesen
Soweit das Wohnungswesen durch Gesetze oder sonstige Rechtsvorschriften geregelt ist oder der Überwachung durch öffentliche Stellen unterliegt, gewähren die Vertragsstaaten den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung, als Ausländern allgemein unter den gleichen Umständen gewährt wird.

Artikel 22

Öffentliches Erziehungswesen

  1. Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen in bezug auf den Grund- und Hauptschulunterricht die gleiche Behandlung wie ihren Staatsangehörigen. 
  2. Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen hinsichtlich aller sonstigen Erziehungseinrichtungen eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung, als Ausländern allgemein unter den gleichen Umständen gewährt wird; dies gilt insbesondere für die Zulassung zum Studium, die Anerkennung ausländischer Schulzeugnisse, Diplome und akademischer Titel, den Erlaß von Gebühren und Abgaben und die Zuerkennung von Stipendien.

Artikel 23

Öffentliche Fürsorge
Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, in bezug auf öffentliche Fürsorge und Unterstützung die gleiche Behandlung wie ihren Staatsangehörigen.

Artikel 24

Arbeitsrecht und Soziale Sicherheit

  1. Die Vertragsstaaten gewähren den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, in bezug auf folgende Angelegenheiten die gleiche Behandlung wie ihren Staatsangehörigen:

    • Arbeitsentgelt einschließlich Familienbeihilfen, wenn diese Bestandteil des Arbeitsentgelts sind, Arbeitszeit, Überstundenregelung, bezahlter Urlaub, Beschränkungen in der Heimarbeit, Mindestalter für die Beschäftigung, Lehrzeit und Berufsausbildung, Arbeit von Frauen und Jugendlichen sowie die Inanspruchnahme der auf Tarifverträgen beruhenden Vergünstigungen, soweit diese Angelegenheiten durch Rechtsvorschriften geregelt sind oder in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden fallen; 
    • Soziale Sicherheit (gesetzliche Bestimmungen über Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten, Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfähigkeit, Alter, Tod, Arbeitslosigkeit, Familienunterhalt sowie jedes andere nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften durch ein System der Sozialen Sicherheit gedeckte Wagnis). vorbehaltlich 

      • geeigneter Regelungen in bezug auf die Wahrung erworbener Rechte und Anwartschaften sowie
      • besonderer innerstaatlicher Rechtsvorschriften des Aufenthaltslands über Leistungen oder Leistungsteile, die ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestritten werden, sowie über Zuwendungen an Personen, welche die zur Erlangung einer normalen Rente festgesetzten Beitragsbedingungen nicht erfüllen.
  2. Ist der Tod eines Staatenlosen durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursacht, so wird das Recht auf Ersatz des Schadens nicht dadurch berührt, daß sich der Berechtigte außerhalb des Hoheitsgebiets des Vertragsstaats aufhält. 
  3. Die Vertragsstaaten gewähren die Vorteile der Abkommen, die sie zur Wahrung erworbener Rechte und Anwartschaften auf dem Gebiet der Sozialen Sicherheit untereinander geschlossen haben oder schließen werden, auch den Staatenlosen, soweit diese die Voraussetzungen erfüllen, die für Angehörige der Unterzeichnerstaaten der betreffenden Abkommen gelten.
  4. Die Vertragsstaaten werden wohlwollend die Möglichkeit prüfen, die Vorteile ähnlicher Abkommen, die zwischen Vertragsstaaten und Nichtvertragsstaaten jetzt oder künftig in Kraft sind, soweit wie möglich auch den Staatenlosen zu gewähren.

Kapitel V: Verwaltungsmaßnahmen

Artikel 25

Verwaltungshilfe

  1. Würde die Ausübung eines Rechtes durch einen Staatenlosen normalerweise die Unterstützung der Behörden eines anderen Landes erfordern, die er nicht in Anspruch nehmen kann, so trägt der Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet er sich aufhält, dafür Sorge, daß dessen eigene Behörden dem Staatenlosen diese Unterstützung gewähren.
  2. Die in Absatz 1 bezeichneten Behörden werden den Staatenlosen diejenigen Urkunden und Bescheinigungen ausstellen oder unter ihrer Aufsicht ausstellen lassen, die Ausländern normalerweise von den Behörden ihres eigenen Landes oder durch deren Vermittlung ausgestellt werden. 
  3. Die so ausgestellten Urkunden oder Bescheinigungen ersetzen die amtlichen Schriftstücke, die Ausländern sonst von den Behörden ihres eigenen Landes oder durch deren Vermittlung ausgestellt werden; sie haben vorbehaltlich des Gegenbeweises volle Beweiskraft.
  4. Abgesehen von Ausnahmen, die gegebenenfalls zugunsten Bedürftiger zugelassen werden, können für die in diesem Artikel erwähnten Amtshandlungen Gebühren erhoben werden; sie müssen mäßig sein und denjenigen entsprechen, die von den eigenen Staatsangehörigen für ähnliche Amtshandlungen erhoben werden.
  5. Die Bestimmungen dieses Artikels lassen die Artikel 27 und 28 unberührt.

Artikel 26

Freizügigkeit
Jeder Vertragsstaat gewährt den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in seinem Hoheitsgebiet befinden, das Recht auf freie Wahl ihres Aufenthaltsorts und auf Freizügigkeit in diesem Hoheitsgebiet, vorbehaltlich der Bestimmungen, die auf Ausländer allgemein unter den gleichen Umständen Anwendung finden.

Artikel 27

Personalausweise
Die Vertragsstaaten stellen jedem Staatenlosen, der sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und keinen gültigen Reiseausweis besitzt, einen Personalausweis aus.

Artikel 28

Reiseausweise
Die Vertragsstaaten stellen den Staatenlosen, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, Reiseausweise aus, die ihnen Reisen außerhalb dieses Hoheitsgebiets gestatten, es sei denn, daß zwingende Gründe der Staatssicherheit oder der öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen; auf diese Ausweise findet der Anhang zu diesem Übereinkommen Anwendung. Die Vertragsstaaten können auch jedem anderen in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Staatenlosen einen solchen Reiseausweis ausstellen; sie werden insbesondere wohlwollend die Möglichkeit prüfen, solche Reiseausweise denjenigen in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Staatenlosen auszustellen, die von dem Land, in dem sie ihren rechtmäßigen Aufenthalt haben, keinen Reiseausweis erhalten können,

Artikel 29

Steuerliche Lasten

  1. Die Vertragsstaaten erheben von den Staatenlosen keine anderen oder höheren Gebühren, Steuern oder sonstigen Abgaben gleich welcher Art oder Bezeichnung, als von ihren Staatsangehörigen unter entsprechenden Voraussetzungen jetzt oder künftig erhoben werden.
  2. Absatz 1 schließt nicht aus, daß die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften über Gebühren für die Ausstellung von Verwaltungsurkunden einschließlich Personalausweisen an Ausländer auf Staatenlose angewandt werden.

Artikel 30

Überführung von Vermögenswerten

  1. Jeder Vertragsstaat gestattet in Übereinstimmung mit seinen Gesetzen und sonstigen Rechtsvorschriften den Staatenlosen, die Vermögenswerte, die sie in sein Hoheitsgebiet gebracht haben, in ein anderes Land zu überführen, in das sie zur Wiederansiedlung zugelassen worden sind.
  2. Jeder Vertragsstaat wird wohlwollend die Anträge Staatenloser auf Erlaubnis zur Überführung von – wo immer befindlichen – Vermögenswerten prüfen, die sie zur Wiederansiedlung in einem anderen Land benötigen, in das sie zugelassen worden sind.

Artikel 31

Ausweisung

  1. Die Vertragsstaaten weisen keinen Staatenlosen aus, der sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet befindet, es sei denn aus Gründen der Staatssicherheit oder der öffentlichen Ordnung.
  2. Die Ausweisung eines Staatenlosen darf nur in Ausführung einer Entscheidung erfolgen, die in einem ordentlichen gesetzlichen Verfahren ergangen ist. Soweit nicht zwingende Gründe der Staatssicherheit dem entgegenstehen, ist dem Staatenlosen zu gestatten, Beweise zu seiner Entlastung beizubringen, Rechtsmittel einzulegen und sich zu diesem Zweck vor einer zuständigen Behörde oder vor einer oder mehreren Personen vertreten zu lassen, die von der zuständigen Behörde besonders bestimmt sind.
  3. Die Vertragsstaaten gewähren einem solchen Staatenlosen eine angemessene Frist, in der er in einem anderen Land um rechtmäßige Zulassung nachsuchen kann. Die Vertragsstaaten behalten sich vor, während dieser Frist die ihnen erforderlich erscheinenden Maßnahmen innerstaatlicher Art zu ergreifen.

Artikel 32

Einbürgerung
Die Vertragsstaaten erleichtern soweit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung Staatenloser. Sie werden insbesondere bestrebt sein, das Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen und dessen Kosten soweit wie möglich herabzusetzen.

Kapitel VI: Schlußbestimmungen

Artikel 33

Auskünfte über innerstaatliche Rechtsvorschriften
Die Vertragsstaaten teilen dem Generalsekretär der Vereinten Nationen den Wortlaut der Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften mit, die sie zur Durchführung dieses Übereinkommens erlassen.

Artikel 34

Beilegung von Streitigkeiten
Jede Streitigkeit zwischen Vertragsparteien dieses Übereinkommens über dessen Auslegung oder Anwendung, die auf andere Weise nicht beigelegt werden kann, wird auf Antrag einer Streitpartei dem Internationalen Gerichtshof vorgelegt.

Artikel 35

Unterzeichnung, Ratifikation und Beitritt

  1. Dieses Übereinkommen liegt bis zum 31. Dezember 1955 am Sitz der Vereinten Nationen zur Unterzeichnung auf.
  2. Es liegt zur Unterzeichnung auf

    • für jedes Mitglied der Vereinten Nationen,
    • für jeden anderen Staat, der zur Teilnahme an der Konferenz der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Staatenlosen eingeladen wurde, und
    • für jeden Staat, den die Generalversammlung der Vereinten Nationen einlädt, es zu unterzeichnen oder ihm beizutreten.
  3. Es bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.
  4. Die in Absatz 2 bezeichneten Staaten können diesem Übereinkommen beitreten. Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Artikel 36

Geltungsbereichsklausel

  1. Ein Staat kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation oder dem Beitritt erklären, daß sich dieses Übereinkommen auf alle oder auf einzelne Hoheitsgebiete erstrecken soll, für deren internationale Beziehungen er verantwortlich ist. Eine solche Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den betreffenden Staat in Kraft tritt.
  2. Jede spätere derartige Erstreckung erfolgt durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zu richtende Notifikation; die Erstreckung wird mit dem neunzigsten Tag nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär der Vereinten Nationen oder mit dem Zeitpunkt wirksam, an dem dieses Übereinkommen für den betreffenden Staat in Kraft tritt, falls dieser Zeitpunkt der spätere ist.
  3. Hinsichtlich derjenigen Hoheitsgebiete, auf die dieses Übereinkommen bei der Unterzeichnung, der Ratifikation oder dem Beitritt nicht erstreckt worden ist, wird jeder in Betracht kommende Staat die erforderlichen Schritte in Erwägung ziehen, um dieses Übereinkommen so bald wie möglich auf diese Hoheitsgebiete zu erstrecken, vorbehaltlich der Zustimmung ihrer Regierungen, soweit eine solche aus verfassungsmäßigen Gründen erforderlich ist.

Artikel 37

Bundesstaatklausel
Für Bundes- oder Nichteinheitsstaaten gelten folgende Bestimmungen:

  • Soweit für bestimmte Artikel dieses Übereinkommens der Bund die Gesetzgebungszuständigkeit besitzt, hat die Bundesregierung die gleichen Verpflichtungen wie die Vertragsparteien, die nicht Bundesstaaten sind;
  • soweit für bestimmte Artikel dieses Übereinkommens die Gliedstaaten, -provinzen oder -kantone die Gesetzgebungszuständigkeit besitzen, ohne nach der Verfassungsordnung des Bundes zum Erlaß von Rechtsvorschriften verpflichtet zu sein, bringt die Bundesregierung den zuständigen Stellen der Gliedstaaten, -provinzen oder -kantone diese Artikel so bald wie möglich befürwortend zur Kenntnis;
  • richtet ein Vertragsstaat dieses Übereinkommens über den Generalsekretär der Vereinten Nationen an einen Bundesstaat, der Vertragspartei ist, eine Anfrage über das Recht und die Praxis des Bundes und seiner Glieder in bezug auf einzelne Bestimmungen dieses Übereinkommens, so legt dieser Bundesstaat eine Darstellung vor, aus der ersichtlich ist, inwieweit die betreffenden Bestimmungen durch den Erlaß von Rechtsvorschriften oder durch sonstige Maßnahmen wirksam geworden sind.

Artikel 38

Vorbehalte

  1. Bei der Unterzeichnung, der Ratifikation oder dem Beitritt kann jeder Staat zu Artikeln des Übereinkommens, mit Ausnahme der Artikel 3, 4, 16 Absatz 1 und 33 bis 42, Vorbehalte einlegen.
  2. Hat ein Vertragsstaat gemäß Absatz 1 einen Vorbehalt eingelegt, so kann er ihn jederzeit durch eine diesbezügliche an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zu richtende Mitteilung zurücknehmen.

Artikel 39

Inkrafttreten

  1. Dieses Übereinkommen tritt mit dem neunzigsten Tag nach Hinterlegung der sechsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
  2. Für jeden Staat, der das Übereinkommen nach Hinterlegung der sechsten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde ratifiziert oder ihm beitritt, tritt es am neunzigsten Tag nach Hinterlegung seiner eigenen Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Artikel 40

Kündigung

  1. Ein Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zu richtende Notifikation kündigen.
  2. Die Kündigung wird für den betreffenden Vertragsstaat ein Jahr nach dem Tag wirksam, an dem sie beim Generalsekretär der Vereinten Nationen eingegangen ist.
  3. Jeder Staat, der eine Erklärung oder eine Notifikation gemäß Artikel 36 eingereicht hat, kann in der Folge dem Generalsekretär der Vereinten Nationen jederzeit durch eine Notifikation mitteilen, daß das Übereinkommen auf ein in der Notifikation bezeichnetes Hoheitsgebiet keine Anwendung mehr finden soll. Das Übereinkommen tritt sodann ein Jahr nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär für das betreffende Hoheitsgebiet außer Kraft.

Artikel 41

Revision

  1. Jeder Vertragsstaat kann jederzeit durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zu richtende Notifikation die Revision dieses Übereinkommens beantragen.
  2. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen empfiehlt die Maßnahmen, die gegebenenfalls in bezug auf einen solchen Antrag zu ergreifen sind.

Artikel 42

Notifikationen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen notifiziert allen Mitgliedern der Vereinten Nationen und den in Artikel 35 bezeichneten Nichtmitgliedstaaten

  • die Unterzeichnungen, Ratifikationen und Beitritte nach Artike1 35;
  • die Erklärungen und Notifikationen nach Artikel 36;
  • die Einlegung und Zurücknahme von Vorbehalten nach Artikel 38;
  • den Tag, an dem das Übereinkommen nach Artikel 39 in Kraft tritt;
  • die Kündigungen und Notifikationen nach Artikel 40;
  • die Revisionsanträge nach Artikel 41.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Ubereinkommen im Namen ihrer Regierungen unterschrieben.
 
Geschehen zu New York am 28. September 1954 in einer Urschrift, deren englischer, französischer und spanischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, sie wird im Archiv der Vereinten Nationen hinterlegt; allen Mitgliedern der Vereinten Nationen und den in Artikel 35 bezeichneten Nichtmitgliedstaaten werden beglaubigte Abschriften übermittelt.

Anhang

§ 1
(1) Der in Artikel 28 dieses Übereinkommens genannte Reiseausweis hat die Feststellung zu enthalten, daß sein Inhaber Staatenloser im Sinne des Übereinkommens vom 28. September 1954 ist.
(2) Der Ausweis ist in mindestens zwei Sprachen abzufassen; eine davon muß das Englische oder das Französische sein.
(3) Die Vertragsstaaten werden prüfen, ob es wünschenswert ist, das beigefügte Muster eines Reiseausweises zu verwenden.
 
§ 2
Vorbehaltlich der in dem Ausstellungsland geltenden Vorschriften können Kinder in den Reiseausweis eines Elternteils oder – unter außergewöhnlichen Umständen - eines anderen Erwachsenen mit eingetragen werden.
 
§ 3
Die Gebühren für die Ausstellung des Ausweises dürfen den für Pässe von Staatsangehörigen geltenden Mindestsatz nicht überschreiten.
 
§ 4
Abgesehen von besonderen oder Ausnahmefällen hat der Ausweis für die größtmögliche Zahl von Ländern zu gelten.
 
§ 5
Der Ausweis hat mindestens drei Monate und höchstens zwei Jahre lang gültig zu sein.
 
§ 6
(1) Für die Erneuerung oder Verlängerung des Ausweises ist die ausstellende Behörde zuständig, solange der Inhaber sich nicht rechtmäßig in einem anderen Hoheitsgebiet niedergelassen hat und rechtmäßig im Hoheitsgebiet der genannten Behörde wohnhaft ist. Für die Ausstellung eines neuen Ausweises ist unter den gleichen Voraussetzungen die Behörde zuständig, die den früheren Ausweis ausgestellt hat.
(2) Diplomatische oder konsularische. Dienststellen können ermächtigt werden, die Gültigkeitsdauer von Reiseausweisen, welche ihre Regierung ausgestellt hat, für eine Zeitspanne von höchstens sechs Monaten zu verlängern.
(3) Die Vertragsstaaten werden wohlwollend die Möglichkeit der Erneuerung oder Verlängerung von Reiseausweisen oder der Ausstellung neuer Ausweise für Staatenlose prüfen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet nicht mehr rechtmäßig aufhalten und von dem Land ihres rechtmäßigen Aufenthalts keinen Reiseausweis erhalten können.
 
§ 7
Die Vertragsstaaten erkennen die Gültigkeit der nach Artikel 28 dieses Übereinkommens ausgestellten Ausweise an.
 
§ 8
Sind die zuständigen Behörden des Landes, in das sich der Staatenlose zu begeben wünscht, bereit, ihn zuzulassen, und ist hierfür ein Sichtvermerk erforderlich, so versehen sie den Ausweis, dessen Inhaber er ist, mit einem Sichtvermerk.
 
§ 9
(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich zur Erteilung von Durchreise-Sichtvermerken an Staatenlose, die Sichtvermerke für das Hoheitsgebiet eines Bestimmungslands erhalten haben.
(2) Die Erteilung eines solchen Sichtvermerks kann aus Gründen verweigert werden, die jedem Ausländer gegenüber die Verweigerung eines Sichtvermerks rechtfertigen würden.
 
§ 10
Die Gebühren für die Erteilung von Ausreise-, Einreise- oder Durchreise-Sichtvermerken dürfen den Mindestsatz für Sichtvermerke in ausländischen Pässen nicht überschreiten.
 
§ 11
Wechselt ein Staatenloser seinen Aufenthaltsort und läßt er sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats nieder, so ist für die Ausstellung eines neuen Ausweises nach Maßgabe des Artikels 28 die Behörde jenes Hoheitsgebiets zuständig, bei welcher der Staatenlose einen Antrag zu stellen berechtigt ist.
 
§ 12
Die Behörde, die einen neuen Ausweis ausstellt, zieht den alten ein und gibt ihn an das Land zurück, das ihn ausgestellt hat, wenn in dem alten Ausweis die Rückgabe an das Ausstellungsland vorgesehen ist; andernfalls zieht sie ihn ein und macht ihn ungültig.
 
§ 13
(1) Ein nach Artikel 28 dieses Übereinkommens ausgestellter Reiseausweis berechtigt seinen Inhaber, sofern darin nichts Gegenteiliges bestimmt ist, während der Gültigkeitsdauer des Ausweises jederzeit in das Hoheitsgebiet des ausstellenden Staates wieder einzureisen. Die Frist für die Wiedereinreise des Inhabers in das Land, das den Ausweis ausgestellt hat, muß mindestens drei Monate betragen, es sei denn, daß dieses Land, in das der Staatenlose zu reisen beabsichtigt, nicht darauf besteht, daß der Reiseausweis das Recht zur Wiedereinreise vorsieht.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 kann ein Vertragsstaat von dem Inhaber eines Ausweises verlangen, daß er alle Förmlichkeiten erfüllt, die für die Ausreise aus seinem Hoheitsgebiet und für die Wiedereinreise dorthin vorgeschrieben sind.
 
§ 14
Mit dem einzigen Vorbehalt des Paragraphen 13 läßt dieser Anhang die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften unberührt, die in den Hoheitsgebieten der Vertragsstaaten die Zulassung, die Durchreise, den Aufenthalt, die Niederlassung und die Ausreise regeln.
 
§ 15
Weder die Ausstellung des Ausweises noch die darin vorgenommenen Eintragungen bestimmen oder berühren die Rechtsstellung des Inhabers, insbesondere in bezug auf seine Staatsangehörigkeit.
 
§ 16
Die Ausstellung des Ausweises gibt dem Inhaber keinen Anspruch auf den Schutz der diplomatischen oder konsularischen Dienststellen des Ausstellungslands und verleiht diesen nicht ohne weiteres ein Schutzrecht.

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Gesetz zu dem Übereinkommen vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen

Vom 12. April 1976 (BGBl. II S. 473)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Dem in New York am 28. September 1954 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen wird mit folgender Maßgabe zugestimmt:

  1. Artikel 23 des Übereinkommens wird uneingeschränkt nur auf Staatenlose angewandt, die zugleich Flüchtlinge im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Bundesgesetzbl. 1953 II S. 559) und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Bundesgesetzbl. 1969 II S. 1293) sind, im übrigen jedoch nur in einem nach Maßgabe innerstaatlicher Gesetze eingeschränktem Umfange.
  2. Artikel 27 des Übereinkommens wird nicht angewandt.

Das Übereinkommen wird nachstehend veröffentlicht.

Artikel 2

Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt.

Artikel 3

  1. Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
  2. Der Tag, an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 39 Abs. 2 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 12.April 1976

Für den Bundespräsidenten Der Präsident des Bundesrates Osswald
Der Bundeskanzler Schmidt
Der Bundesminister des Innern Maihofer
Der Bundesminister des Auswärtigen Genscher

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Das Übereinkommen vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen ist in Kraft getreten*

füramFundstelle im BGBl. II
Albanien22.09.20032003 S. 725
Algerien13.10.19641977 S. 235
Angola05.01.20202019 S. 1060
Antigua und Barbuda01.11.19811989 S. 624
Argentinien30.08.19721977 S. 235
Armenien16.08.19941994 S. 2655
Aserbaidschan14.11.19961996 S. 2793
Australien13.03.19741977 S. 235
Barbados30.11.19661977 S. 235
Belgien25.08.19601977 S. 235
Belize13.12.20062007 S. 743
Benin07.03.20122012 S. 113
Bolivien04.01.19841984 S. 12
Bosnien und Herzegowina06.03.19921995 S. 200
Botsuana30.09.19661977 S. 235
Brasilien11.11.19961996 S. 2793
Bulgarien20.06.20122012 S. 496
Bundesrepublik Deutschland24.01.19771977 S. 235
Bundesrepublik Jugoslawien27.04.19922001 S. 770
Burkina Faso30.07.20122013 S. 737
Chile10.07.20182018 S. 162
China (Volksrepublik)
nur für die Sonderverwaltungsregion Hongkong
01.07.19972003 S. 583
Costa Rica31.01.19781982 S. 85
Côte d'Ivoire01.01.20142014 S.101
Dänemark06.06.19601977 S. 235
Ecuador31.12.19701977 S. 235
El Salvador10.05.20152015 S. 303
Fidschi10.10.19701977 S. 235
Finnland08.01.19691977 S. 235
Frankreich06.06.19601977 S. 235
Gambia29.09.20142014 S. 513
Georgien22.03.20122012 S. 113
Griechenland02.02.19761977 S. 235
Guatemala26.02.20012001 S. 770
Guinea19.06.19621977 S. 235
Guinea-Bissau18.12.20162016 S. 1214
Haiti26.12.20182018 S. 449
Honduras30.12.20122012 S. 1558
Irland17.03.19631977 S. 235
Island26.04.20212021 S. 288
Israel06.06.19601977 S. 235
Italien03.03.19631977 S. 235
Jugoslawien, ehemaliges06.06.19601977 S. 235
Kiribati12.07.19791984 S. 482
Kolumbien05.01.20202019 S. 1060
Korea (Republik)20.11.19621977 S. 235
Kroatien08.10.19911993 S. 1210
Lesotho04.10.19661977 S. 235
Lettland05.11.19992000 S. 772
Liberia10.12.19641977 S. 235
Libyen14.08.19891990 S. 803
Liechtenstein24.12.20092010 S. 216
Litauen07.05.20002000 S. 772
Luxemburg25.09.19601977 S. 235
Malawi05.01.20102010 S. 216
Mali25.08.20162016 S. 1004
Malta10.03.20202020 S. 115
Mazedonien17.09.19911994 S. 2655
Mexiko05.09.20002000 S. 1315
Moldau, Republik18.07.20122012 S. 1558
Montenegro03.06.20062007 S. 743
Mosambik30.12.20142014 S. 904
Nicaragua13.10.20132013 S. 1273
Niederlande11.07.19621977 S. 235
Niger05.02.20152014 S. 1380
Nigeria19.12.20112011 S. 1335
Norwegen06.06.19601977 S. 235
Österreich08.05.20082008 S. 1411
Panama31.08.20112011 S. 743
Paraquay29.09.20142014 S. 513
Peru23.04.20142014 S. 180
Philippinen21.12.20112011 S. 1335
Portugal30.12.20122012 S. 1558
Ruanda02.01.20072007 S. 743
Rumänien27.04.20062007 S. 743
Sambia24.10.19641977 S. 235
Schweden01.07.19651977 S. 235
Schweiz01.10.19721977 S. 235
Senegal20.12.20052006 S. 129
Serbien27.04.19922001 S. 770
Sierra Leone07.08.20162016 S. 730
Simbabwe18.04.19801999 S. 807
Slowakei02.07.20002000 S. 1315
Slowenien25.06.19911993 S. 2166
Spanien10.08.19971997 S. 1542
St. Vincent und die Grenadinen27.10.19791999 S. 691
Swasiland16.11.19992000 S. 772
Trinidad und Tobago31.08.19621977 S. 235
Tschad10.11.19991999 S. 979
Tschechische Republik17.10.20042004 S. 1441
Tunesien27.10.19691977 S. 235
Türkei24.06.20152015 S. 488
Turkmenistan06.03.20122012 S. 113
Uganda14.07.19651977 S. 235
Ungarn19.02.20022002 S. 1686
2012 S. 1248
Ukraine23.06.20132013 S. 551
Uruguay01.07.20042004 S. 996
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland06.06.19601977 S. 235

*Einige Staaten haben Vorbehalt zu bestimmten Artikeln des Übereinkommens erklärt. Hinweise hierauf befinden sich in der jeweils angegebenen Fundstelle im BGBl. II. Der Wortlaut der Vorbehalte und Erklärungen zu diesen Übereinkommen, mit Ausnahme derer Deutschlands, wird dagegen nicht im BGBl. veröffentlicht. Er ist aber in englischer und französischer Sprache auf der Webseite der Vereinten Nationen unter http://treaties.un.org einsehbar.