Beglaubigungsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und der Republik Österreich

Typ: Übereinkommen


Das Deutsche Reich und die Republik Österreich haben, von dem Wunsche geleitet, zur Förderung der Rechtspflege und des wechselseitigen Verkehrs Erleichterungen für die Beglaubigung der von den öffentlichen Behörden ausgestellten oder beglaubigten Urkunden einzuführen, den nachstehenden Vertrag geschlossen. Zu diesem Zwecke haben zu Bevollmächtigten ernannt: der Präsident des Deutschen Reichs: die Herren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Dr. phil. Maximilian Pfeiffer, den Vortragenden Legationsrat im Auswärtigen Amte Dr. jur. Carl Goes  und den Geheimen Regierungsrat und Ministerialrat im Reichsministerium der Justiz Dr. jur. Erich Volkmar, der Präsident der Republik Österreich: die Herren Bundesminister für die Auswärtigen Angelegenheiten Dr. Alfred Grünberger, den Sektions-Chef im Bundeskanzleramte (Justiz) Dr. Felix Mayer-Mallenau und den Ministerialrat im Bundeskanzleramte (Justiz) Dr. Edmund Brautmann, die, nachdem sie ihre in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten sich mitgeteilt haben, die folgenden Artikel vereinbart haben:

Vorbemerkung: Die Artikel 1 und 2 des Vertrags gelten weiter, soweit sie nicht durch entsprechende Regelungen im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Verzicht auf die Beglaubigung und über den Austausch von Personenstandsurkunden sowie über die Beschaffung von Ehefähigkeitszeugnissen vom 18. November 1980 überholt sind.

Artikel 1

Urkunden, die von einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des einen vertragschließenden Staates ausgestellt wurden, bedürfen zum Gebrauch im Gebiete des anderen Staates keiner weiteren Beglaubigung, wenn sie mit dem Siegel oder Stempel der Gerichts- oder Verwaltungsbehörde versehen sind.

Artikel 2

Auszüge aus den Kirchenbüchern über Taufen, Trauungen oder Todesfälle, die im Deutschen Reiche unter dem Kirchensiegel erteilt werden, sowie Auszüge aus den Geburts-, Trauungs- und Sterberegistern, die in Österreich geführt werden und mit dem Siegel oder Stempel des Matrikenführers versehen sind, bedürfen zum Gebrauch im Gebiete des anderen Staates keiner weiteren Beglaubigung.

Artikel 3

Die von Notaren ausgefertigten und mit dem amtlichen Siegel des Notars versehenen Urkunden, die von Standesbeamten des Deutschen Reichs ausgefertigten und mit ihrem Siegel oder Stempel versehenen Urkunden, ferner die von den Gerichtskanzleien und gerichtlichen Hilfsämtern, Gerichtsvollziehern oder anderen gerichtlichen Hilfsbeamten ausgefertigten und mit dem Gerichtssiegel versehenen Urkunden bedürfen zum Gebrauch im Gebiete des anderen Staates keiner weiteren Beglaubigung.

Artikel 4

Die einer Privaturkunde von einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde oder einem Notare beigefügte Beglaubigung bedarf keiner weiteren Beglaubigung.

Artikel 5

  1. Von dem Tage des Inkrafttretens dieses Vertrags an treten für die Rechtsbeziehungen zwischen den vertragschließenden Staaten frühere Staatsverträge, Vereinbarungen und Regierungserklärungen über Fragen, die durch den vorstehenden Vertrag geregelt sind, außer Kraft.
  2. Unberührt bleiben jedoch

    • die Bestimmungen der Artikel XVII und XVIII des Vertrags zwischen dem Deutschen Reiche und Österreich über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Steuersachen vom 23. Mai 1922;
    • die für Reisepässe und Reiselegitimationen bestehenden Vorschriften;
    • die Erleichterungen, die auf Grund besonderer Vereinbarungen namentlich für den Handelsverkehr und für das Zollverfahren gewährt sind.

Artikel 6

  1. Der gegenwärtige Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Berlin ausgetauscht werden.
  2. Der Vertrag tritt drei Monate nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Der Vertrag kann von jedem der vertragschließenden Staaten gekündigt werden. Er bleibt jedoch nach erfolgter Kündigung noch durch sechs Monate in Kraft.

Urkund dessen haben die Bevollmächtigten den gegenwärtigen Vertrag in doppelter Ausfertigung unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.
 
So geschehen in Wien am 21. Juni 1923.

Hinweis:
Der Beglaubigungsvertrag ist am 14. Juli 1924 in Kraft getreten und wird mit Wirkung vom 1. Januar 1952 (BGBl. 1952 II S. 436) wieder angewendet.