Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben

Typ: Rundschreiben , Schwerpunktthema: Personenstandsrecht , Datum: 01.02.2021

Neue Eintragungsmöglichkeit bei der Geschlechtsangabe bei Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung - Fallzahlen

RdSchr. d. BMI v. 29.1.2021 - V II 1 – 20103/27#17 -

per E-Mail an Innenministerien/Senatsverwaltungen für Inneres der Länder

Mit dem Bezugsschreiben hatte ich darum gebeten, Daten zur Inanspruchnahme der durch das Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2635) eingeführten Möglichkeit der Geburtsbeurkundung mit der Geschlechtsangabe „divers“ (§ 22 Absatz 3 PStG) und der Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensänderung bei Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (§ 45b PStG) mitzuteilen. 

Die vorläufige Auswertung Ihrer hierzu eingegangenen Mitteilungen zur Anzahl der bei der Beurkundung der Geburt gewählten Geschlechtsangabe „divers“ oder „ohne Angabe“ nach § 22 Absatz 3 PStG sowie der Anträge nach § 45b PStG hat Folgendes ergeben:

Angaben bei Neugeborenen (§ 22 Abs. 3 PStG)
Zeitraum"divers""ohne Angabe"
201988
1.1. - 30.9.2020113
spätere Erklärungen - i.d.R. von Erwachsenen (§ 45 PStG)
gesamt"divers" oder "ohne Angabe"Wechsel zwischen "männlich" / "weiblich"
20191036256780
1.1. - 30.9.2020549138411

Bei den Erklärungen nach § 45b PStG ist aufgrund der retrograden Erfassung in den Standesämtern keine exakte Aufschlüsselung nach "divers" und "ohne Angabe" möglich gewesen, so dass sie zusammengefasst wurden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass bei den insgesamt 394 Erklärungen bei etwa 70 % (entspricht ca. 275 Personen) die Geschlechtsangabe "divers" gewählt wurde. Danach kann von einer Zahl von ca. 300 Personen mit der Eintragung "divers" ausgegangen werden (Eintragungen bei Geburt und spätere Erklärungen). Die aufgeschlüsselten Ergebnisse nach Bundesländern und weitere Ergebnisse der Abfrage sind der Anlage zu entnehmen.

Da die Eintragung "divers" wie die weiteren Eintragungsoptionen bei Intersexuellen zum einen auf Freiwilligkeit beruhen und zum anderen von einer Anzahl „Unentschlossener“ auszugehen sein dürfte, bildet die Zahl der erfolgten Eintragungen nicht die tatsächliche Zahl Intersexueller in Deutschland ab.

Die Erhebung bezieht sich auf einen Zeitraum von etwas über 21 Monaten und lässt nach hiesiger Interpretation folgende vorläufigen Schlüsse zu:

  • Bislang wurde in ca. 1.600 Fällen von den neuen Eintragungsmöglichkeiten (einschließlich Wechsel zwischen "weiblich“/"männlich") Gebrauch gemacht. Auch wenn anzunehmen ist, dass ein (evtl. nicht unerheblicher) Teil der Betroffenen kein Interesse an einer Dokumentation der Intergeschlechtlichkeit in den Personenstandsregistern hat und deshalb von der Möglichkeit keinen Gebrauch macht, dürfte die vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 10. Oktober 2017 - BvR 2019/16 – BVerfG angenommene Zahl von 160.000 Betroffenen deutlich zu hoch gegriffen sein.
  • Legte man dennoch die Zahl von 160.000 Betroffenen zugrunde, hätten bisher weniger als 0,25 % der Betroffenen von den neuen Eintragungsmöglichkeiten "divers" (ca. 0,17 %) Gebrauch gemacht oder die Eintragung "keine Angabe" gewählt.
  • Die Zahl der Betroffenen dürfte aus o. g. Gründen allerdings auch über den bislang erfassten 1.600 Fällen liegen, andernfalls ergäbe sich ein Anteil Intersexueller an der Bevölkerung von weniger als 0,002 %.
  • Deutlich häufiger als "divers" oder "ohne Angabe" wird von Betroffenen, die eine Änderung des Geschlechtseintrags anstreben, der Wechsel zwischen "weiblich" und "„männlich" gewählt.

Im Auftrag

Referat V II 1