Personenstandswesen in Afghanistan
Rundschreiben 03.03.2014
Ausstellen von Personenstandsurkunden durch afghanische Auslandsvertretungen
RdSchr. d. BMI v. 28.02.2014 - V II 1 - 133 400 AFG/1
Mein Schreiben vom 7. März 2013 – V II 1 - 133 400 AFG/1 –
Mit dem Bezugsschreiben hatte ich mitgeteilt, dass afghanische Auslandsvertretungen nach Informationen der deutschen Botschaft in Kabul nicht befugt sind, Personenstandsurkunden für afghanische Staatsangehörige auszustellen. Die afghanische Seite hat nunmehr die Befugnisse und Verfahren der afghanischen Auslandsvertretungen klargestellt. Danach sind die afghanischen Auslandsvertretungen befugt, Personenstandsurkunden für afghanische Staatsbürger auszustellen. Das Bezugsschreiben hebe ich hiermit auf.
Bei der Ausstellung von Personenstandsurkunden durch die afghanischen Auslandsvertretungen findet ein Rückgriff auf staatliche Register in Afghanistan in der Regel nicht statt. Register werden in Afghanistan ohnehin nur für die sog. Tazkira geführt. Die Tazkira ist das übliche Identitätsdokument in Afghanistan. Sie wird ausschließlich in Afghanistan durch das Personenstandesregisteramt des Ministeriums des Innern ausgestellt. Afghanische Auslandsvertretungen sind nicht befugt, eine Tazkira auszustellen, und können lediglich Anträge auf Ausstellung einer Tazkira aufnehmen, um sie an die afghanischen Behörden weiterzuleiten. Sie sind allerdings befugt, eine Übersetzung der Tazkira zu beglaubigen.
Heiratsurkunden (Nekáh Nama)
Eine Heiratsurkunde (Nekáh Nama) wird von der afghanischen Auslandsvertretung nur ausgestellt, wenn die Eheschließung in Deutschland gem. Artikel 13 Absatz 3 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) vor einer vom afghanischen Staat ordnungsgemäß hierzu ermächtigten Person in der nach afghanischem recht vorgeschriebenen Form geschlossen wurde. Voraussetzung für die Ausstellung der Heiratsurkunde ist eine Ledigkeitsbescheinigung. Wenn keine Ledigkeitsbescheinigung vorgelegt werden kann, muss die Unbedenklichkeit der Eheschließung von drei Zeugen, die Familienmitglieder des Brautpaares sind, bestätigt werden. Die Tatsache, dass diese drei Zeugen Familienmitglieder des Brautpaares sind, müssen zwei weitere Zeugen bestätigen. Alle Zeugen müssen eine Tazkira oder einen Pass vorlegen.
Heiratsbescheinigung (Certificate of marriage)
Wurde die Ehe in Afghanistan oder in einem anderen Land, z.B. in Pakistan oder im Iran, geschlossen und ist die ursprüngliche Heiratsurkunde nicht verfügbar, stellen afghanische Auslandsvertretungen keine Nekáh Nama, sondern eine (einfache) Bescheinigung (Certificate of marriage) darüber aus, dass die betreffende Person im Ausland geheiratet hat (Name, Datum und Ort der Eheschließung). Die Heiratsbescheinigung ist eine Form der Ikrar Nama, die für unterschiedliche Sachverhalte auch von den afghanischen Auslandsvertretungen ausgestellt werden kann.
Als Nachweis einer im Ausland erfolgten Eheschließung kann die Vorlage einer in Afghanistan registrierten Eheurkunde (Ikrar Nama) verlangt werden. Die Ikrar Nama ist in diesem Fall ein gerichtliches Dokument über die Eheschließung und deren Registrierung, das in Afghanistan vom Supreme Court ausgestellt wird. Diese Ikrar Nama kann bei den afghanischen Auslandsvertretungen beantragt werden.
Scheidungsurkunden / Scheidungsbestätigungen
Der Nachweis der Auflösung der Ehe kann durch Vorlage einer von den afghanischen Auslandsvertretungen ausgestellten Scheidungsurkunde oder Scheidungsbestätigung geführt werden. Die in Afghanistan ausgesprochenen Ehescheidungen werden allerdings erst nach Durchführung eines Anerkennungsverfahrens nach § 107 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) für den deutschen Rechtsbereich wirksam. Das förmliche Anerkennungsverfahren ist nur dann entbehrlich, wenn beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung afghanische Staatsangehörige waren (§ 107 Absatz 1 Satz 2 FamFG – „Heimatstaatenentscheidung“). Dem Anerkennungsverfahren unterliegen neben Entscheidungen staatlicher Gerichte und Behörden auch sog. „Privatscheidungen“, an denen eine Behörde in Afghanistan mitgewirkt hat (z.B. durch Beurkundung oder Registrierung).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Privatscheidungen in einer afghanischen Auslandsvertretung nach Artikel 17 Absatz 2 EGBGB wegen Verstoßes gegen das gerichtliche Scheidungsmonopol für den deutschen Rechtsbereich unwirksam sind und nicht anerkannt werden können.
Geburtsurkunden
Zur Ausstellung von Geburtsurkunden sind sowohl Behörden in Afghanistan als auch die afghanischen Auslandsvertretungen befugt. Die Geburtsurkunde enthält Angaben zum Vater und (seit ca. 10 Jahren) auch Angaben zur Mutter des Kindes. Die Geburtsurkunden werden auf Grundlage einer Heiratsurkunde (hier: Nekáh Nama), Pässen und/oder Krankenhausbescheinigungen ausgestellt.
Ob eine afghanische Personenstandsurkunde in Deutschland in personenstandsrechtlichen Verfahren anzuerkennen ist, obliegt der Beurteilung des zuständigen Standesbeamten. Bei Zweifeln kann zum Nachweis der Geburt und des Familienstandes afghanischer Antragsteller ein aktuelles Identitätsdokument (Tazkira) sowie eine Geburtsbescheinigung des Krankenhauses gefordert werden. Im Übrigen weise ich auf die Möglichkeit der Abnahme einer Versicherung an Eides statt nach § 9 Absatz 2 PStG hin.
Im Auftrag